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Im Hause Antaios veröffentlichen in der Regel alt gediente Veteranen, die schon lange im akademischen Betrieb und in der neuen Rechten zu Hause sind. Mit dem Kaplaken „Postliberal“ wird nun zwei jungen Autoren das Wort erteilt, die sich bisher mit ihrem Konflikt-Magazin erfolgreich in den Diskurs eingebracht haben.

Das vorliegende Buch ist Ausdruck einer Haltung, die überkommenen Denkmustern, Dogmatik und Schwärmereien einer vermeintlich besseren Vergangenheit eine Absage erteilt. Dass man auch selbst in der Lage ist, über den szeneeigenen Tellerrand zu sehen, demonstrieren die Autoren mit ihrer eigenen Lektüre von Adornos und Horkheimers „Dialektik der Aufklärung“ – ein philosophisches Werk, das zum Schlüsseltext der ’68er gerechnet wird, wird unvoreingenommen rezipiert und für den eigenen Diskurs fruchtbar gemacht. Dabei geht man mitunter mit sehr selbstbewusster Rhetorik zugange.

Da die Autoren in der Gegenwart die letzten Ausläufer des Liberalismus sehen, wird auch der Kapitalismus als Ausdruck desselben kritisch hinterfragt. Man skizziert dessen historische Entwicklung bis zum heutigen Punkt, an dem es möglich ist, vom Wertpapierhandel zu leben, anstatt einer wertschöpfenden Arbeit nachzugehen. Hier verorten die Autoren ein Problem, das es zu überwinden gelte.

Der thematische Bogen von Adorno zum Kapitalismus ist weniger weit hergeholt, als es auf den ersten Blick scheinen mag: Um für die Zukunft mögliche, neue Formen des Zusammenlebens zu finden, erkennt man die Notwendigkeit, auch wirtschaftliche Aspekte in seine Überlegungen einzubeziehen und sie nicht – wie es leider häufig der Fall ist – an den Katzentisch der Ideen zu verbannen:

„Um wirkmächtig zu werden, muss eine echte politische Alternative beides besorgen: Konservative Familien- und Identitätspolitik sowie gemeinwohlorientierte Wirtschafts- und Sozialpolitik gehen Hand in Hand – oder sie gehen gar nicht. […] Sie bedingen einander.“

Die politischen Forderungen, die Ahrens und Wolters aus ihren Überlegungen ableiten, warten mit wenigen Überraschungen auf – Sie lassen sich grob mit der Rückkehr zur kulturellen Hegemonie des Christentums und zur Sittlichkeit, stärkere Einschränkungen der Teilnehmer am Finanzmarkt, Abkehr von globalen Machtkonzentrationen und Stärkung des Staates zusammen fassen.

Die Autoren nennen „Postliberal“ sehr richtig einen „Enwurf“. Es wird kein politisches Programm geboten, das sich umsetzen ließe, kein neues Menschenbild wird entworfen, ihre Konklusionen gehören für viele neurechte Leser zum Standardrepertoire. Es handelt sich bei diesem Kaplaken dennoch um den glaubhaften Ausdruck einer Bereitschaft, neue Wege zu gehen, auch unkonventionellen Denkweisen Raum zu geben, sich von lähmender Nostalgie zu befreien und Lagergrenzen zu überwinden. Wir hoffen, dass sich in Zukunft viele philosophisch und politisch interessierte Leser und Denker daran ein Beispiel nehmen.