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Während die Radiosendungen nur so überquellen von Berichten, welche Coronamaßnahmen im März fallen sollen, braut sich eine ganz neue – oder ganz alte – Dimension an Maßnahmen zusammen.

Vor 8 Tagen ist die Website „nichtimpfgegner.in“ online gegangen. Zu sehen sind Graphiken einer geimpften Mehrheit in Form von gelben Männchen und rote Männchen, die die Ungeimpften darstellen sollen. Es wird sich beklagt über Nachteile, die Geimpfte durch Ungeimpfte in ihrem alltäglichen Leben hätten und man schreibt, dass man es satt hat. Scrollt man runter, kommt man ziemlich schnell auf ein Formular, wo Menschen, die sich gegen eine Corona-Impfung entschieden haben mitsamt Adresse, Telefonnummer, „Gefahrenstufe“ – von „eigentlich guter Mensch“ bis „Reichsbürger“ – und Priorisierung gemeldet werden sollen – dem jeweiligen Gesundheitsamt. Denn: „Wir sind mehr!“ Ins „Löwenmaul“ (Titelbild) eingeworfen werden die denunziatorischen Anzeigen, wie schon in der Republik Venedig, natürlich anonym.

Was gegen einen Scherz von Antifa und Lauterbach-Ultras spricht, ist zunächst die generelle Qualität der Website. Während Indymedia, StadtLandVolk und Co. maximal Blog-Qualität erfüllen, sind hier slidende Graphiken eingebaut, auch das Kontaktformular ist professionell. Auf den ersten Blick nicht auffallend, aber für ein Fake sprechend sind die falschen Pressemeldungen, so beispielsweise ein „Zitat“ aus dem „Rotzheimer Tagesspiegel“.
Was ist dran am Meldeportal für Impfverweigerer und wer könnte dahinter stecken?

Schaut man ins Impressum, kommt man auf den „Bundesservice Telekommunikation“ mit Sitz in der Heidelberger Straße 63-64 in Berlin. Wer ist dieser „Bundesservice Telekommunikation“?
Die entsprechenden Gebäude stehen in Berlin-Treptow; Sicherheitsforscherin Lilith Wittmann, die vor Ort war, berichtet in ihrem Artikel vom 24.01.2022 von gepflegten schwarzen VW-Bussen in der Tiefgarage, „Alle Vorhänge der Räume beim Bundesservice waren zugezogen und es wirkte so, als wäre zu meinem Besuch niemand mehr vor Ort gewesen. (…) Wer in dieser Datenbank nun nach der Adresse des Bundesservices Telekommunikation — also nach der Heidelberger Str. sucht, der findet dort: Augenscheinlich einen Eintrag zu IP-Adressen eines Internetanschlusses der Deutschen Telekom, der dem Bundesinnenministerium (BMI) zuzuordnen ist. Und der ist — obwohl er keine Angabe zur Hausnummer enthält — ziemlich interessant. Denn wir erinnern uns: Am Haus klebte nicht nur ein Briefkastenschild des Bundesservices Telekommunikation, sondern auch des BMI. Das Interessante an dem Eintrag in der RIPE-Datenbank ist zuallererst die E-Mail-Adresse. Vorweg: Diese funktioniert diesmal auch. Und sie ist augenscheinlich nicht vom Bundesservice Telekommunikation, weil sie nicht mit bst.bund.de endet.
Eine E-Mail-Adresse wie hier “Z27_1@bmi-treptow.bund.de” klingt für Menschen, die sich noch nicht so viel mit Behörden beschäftigt haben, erstmal sehr komisch. Ist aber eigentlich ganz einfach zu lesen:

Z: Die Zentralabteilung — also die Verwaltungsabteilung der Verwaltung
2: Die Unterabteilung 2 der Z-Abteilung. Im BMI heißt die “Zentrale Dienste II”.
7: Das Referat 7 (in der Unterabteilung 2 in der Abteilung Z)
_: Ein Unterstrich — Ende der Referatsbezeichnung
1: Postfach 1. Das sind entweder Personen oder Funktionspostfächer

Also augenscheinlich eine E-Mail-Adresse des BMI für irgendein Verwaltungsreferat. Leider gibt es mit dieser E-Mail-Adresse zwei Probleme: Weder gibt noch gab es laut Organigramm im BMI jemals ein Referat 7 in der Unterabteilung Z 2.
Das Bundesinnenministerium hat in Treptow gar keinen Standort. Allerdings zwei Behörden, die dem BMI nachgeordnet sind, haben dort einen Sitz: Das Bundesamt für Verfassungsschutz und das Bundeskriminalamt. (Außerdem sind dort einige gemeinsame Sicherheitsbehörden, an denen auch der BND beteiligt ist. Wie z.B. das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ). OK, wir haben hier also mal wieder eine Domain bzw. E-Mail-Adresse einer Behörde, die es so gar nicht gibt, gefunden. Diesmal zu einem Behördenstandort des BMI, den es offiziell gar nicht gibt. Irgendwie ist das Vorgehen uns ja so ähnlich schon bekannt — vom Bundesservice Telekommunikation.“
Und eben dieser Bundesservice Telekommunikation gehört offensichtlich zum Verfassungsschutz, wenn selbst Wikipedia schreibt: „Während einer weiteren Pressekonferenz am 24. Januar 2022 wurde darüber hinaus bestätigt, dass es „eine Behörde Bundesservice Telekommunikation im Geschäftsbereich der Bundesregierung nicht gibt“; zu der Nachfrage, ob es sich „um eine Einrichtung nach dem Bundesverfassungsschutzgesetz handelt“, wurde hingegen keine Auskunft erteilt.“ Selbst Die Linke im Bundestag stellte erst vorgestern eine Kleine Anfrage zum „Bundesservice Telekommunikation“ (Drucksache 20/756; seien wir gespannt auf die Antwort).

Entgegen allen bisherigen Anschuldigungen lässt sich auf corona-blog.net nachlesen, dass die Seite deshalb höchst unseriös sei, weil sie nicht geschützt sei: anstelle von „https“ stehe nur „http“; es sei kein Schloss oder ein durchgestrichenes angezeigt. Das ist jedoch schlicht und ergreifend falsch – die Seite ist sehr wohl geschützt. Interessant ist dennoch der Hoster der „Nichtimpfgegner“, denn weiter berichtet man hier: „Die Domain wurde erst vor 6 Tagen von „Tucows“ für 1 Jahr registriert. (…) Weiter hat der Server die IP-Adresse 37.228.129.84 und steht in Finnland. Er gehört zur „Flokinet“ – einem relativ bekannten Anbieter mit Sitz in Island (…) Flokinet ist übrigens relativ bekannt, dort werden auch zahlreiche Websiten mit Tendenz zum Linkextremismus gehostet.“ Wäre die Homepage der Antifa zuzuordnen, wäre das Impressum mit dem „Bundesservice Telekommunikation“ ziemlich wahrscheinlich ein Fake.

Die Frage, ob die Website selbst ein Fake ist oder nicht, wird jedoch irrelevant. Zu wem sie gehört wird die Zukunft zeigen, denn wo die Informationen hingehen, ist schließlich nicht so einfach einsehbar. Dass hier entweder Linksextremisten oder der Verfassungsschutz (oder beide gemeinsam) direkt Informationen von denunzierenden Mitbürgern abgreifen, ist eine andere Dimension als bisherige Spitzeleien, Porträtfotos von Stinkesteffi oder Anquatschversuche. Egal an wen die gemeldeten Informationen am Ende gehen und so traurig es klingen mag – in dieser Gesellschaft kann man so erstmal kaum jemandem mehr trauen. Und deshalb gilt es gerade jetzt zusammenzuhalten und loyal zu sein.