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Abseits der im ersten Artikel genannten und weiteren Banalitäten äußert sich das schlichte patriotische Lifestyletum auch in geistigen Verirrungen.

Zu nennen wäre hier zunächst die vermehrt auftretende Unart des Liebäugelns mit sozialistischen Ideen. Man bedient sich – wie die Linken – der Mittel der emotionalen Erpressung und verbaler Schönfärberei, um die Lehre vom institutionaliserten Raub und der Unfreiheit zum Wohle der Nichtsnutzigen wieder salonfähig zu machen – nur diesmal natürlich wirklich richtig umgesetzt. Mit der Schwärmerei vom besseren Menschen in der solidarischen Volksgemeinschaft geht die Weigerung einher, sich mit den ökonomischen Grundlagen einer Gesellschaft zu befassen. So etwas hätten nur raffgierige Kapitalisten nötig – der wahre Streiter für das Eigene wärmt sich am Feuer des Patriotismus und lebt von den Früchten seiner Arbeit. Oder zur Not von Sozialleistungen.

Ein weiterer Ausdruck des geistigen Herdentriebes ist die Abwertung des Liberalismus als vermeintlicher Inbegriff von Wertelosigkeit, der Atomisierung der Gesellschaft, der niedersten Triebe des Menschen. Mit der Gleichgültigkeit gegenüber unserer europäischen Geistesgeschichte stößt man auf das Unvermögen, sich dieser Denktradition nüchtern und auf Basis von Quellen zu nähern und sei es nur, um dem eigenen intellektuellen Anspruch zu genügen. Zu dem Thema wurden hier schon zahlreiche Zeilen geschrieben.

Kritisch zu betrachten ist auch der oft vorurteilsbehaftete Umgang mit Geschichtsrevisionisten, selbst erklärten Staatsrechtlern, Kaisertreuen oder „Verschwörungstheoretikern“, deren Ansätze und Weltdeutungsmodelle in der eigenen Blase keinen Platz haben. Hier soll nicht der Holocaust-Revision, der Monarchie oder der Reptiloidenverschwörung das Wort geredet werden. Es ist jedoch eine Frage der Integrität, sich auch diesen Querköpfen mit demselben Maß an Fairness und Sachlichkeit zu nähern, wie man sie zurecht auch für sich selbst im Diskurs einfordert. Das Sinnbild vom Radfahrer drängt sich hier auf, der nach oben buckelt und nach unten tritt. Im Angesicht des eigenen Ausgeliefertseins tut es doch hin und wieder gut, sich über andere Ausgestoßene zu erheben, um sich zu vergewissern, dass in der sozialen Nahrungskette wenigstens noch etwas Luft nach unten ist. Angesichts des oft sehr dünnen eigenen argumentativen Rüstzeugs wäre hier etwas mehr Bescheidenheit angebracht.

„Schmuddel-NS“- nein, danke. Der Faschismus übt jedoch aufgrund seiner elitären und avantgardistischen Elemente Faszination aus, schreibt man sich nicht selbst diese Attribute zu? Und ist nicht schon das (Halb-)Wissen, man könne den NS und das Portugal Salazars nicht in einen Topf werfen, Beweis für die eigene Überlegenheit?

Es ließen sich weitere Beispiele unreflektierter Denkmoden finden, die im patriotischen Lager ihr Unwesen treiben. Viele Rechte haben sich auf ihrer Suche nach Identität, einer lebenswerten Vision und einem Sinn stiftenden Weltbild darin verfangen. Heraus kommt nicht der „neue Mensch“, sondern ein Zerrbild des politischen Gegners auf der anderen Seite des Spektrums.

Diese Zeilen sind keine Absage an das rechte Lager. Nichts wäre erfreulicher, als würden sie beim Leser lediglich Verständnislosigkeit hervorrufen, da die vorgebrachten Vorwürfe sich als haltlos erweisen. Sie dienen insbesondere der kritischen Selbstreflexion. Diese ist an allen Fronten geboten – immerhin konnten wir der Masseneinwanderung kaum etwas entgegensetzen, haben selten den Anschluss an die „bürgerliche Mitte“ gefunden, konnten wenig gegen den GEZ-Apparat ausrichten, haben kaum Konzepte für die Gestaltung der Zukunft vorzuweisen, die über die Beschränkung der Einwanderung hinaus gehen, der Linksextremismus konnte weiter in der Gesellschaft Fuß fassen und aktuell sind wir dabei, den „Great Reset“ zu verschlafen. Zur Lageanalyse wurde auf diesem Blog schon einiges verfasst. Machen wir uns nun daran, hart mit uns selbst ins Gericht zu gehen. Manfred Kleine-Hartlage bezeichnete den Rechten einmal als Konservativen mit anarchischer Ader. Werden wir dieser Beschreibung gerecht, indem wir keinen subkulturellen Moden folgen und zur Not wieder lernen, wie Nietzsche mit dem Hammer zu philosophieren. Zeit genug dürfte es in der Zeit von Lockdowns und Home-Office geben.

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