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Eric Frank Russell wurde 1905 in Sandhurst geboren und wuchs im Vereinigten Königreich auf, wo er 1922-1926 im Kings Regiment diente, bevor er heiratete, Vater wurde und in verschiedenen Berufen, als Telefonist, Baukostenkalkulator, Zeichner und Techniker arbeitete. Daneben schrieb er diverse Kurzgeschichten im Science-Fiction-Bereich, die oftmals humorvoll von andersartigen Lebensformen im All – und für seine Zeit untypischerweise – dabei häufig von empathischen, an Stelle von feindlich gesinnten Aliens handelten.[1] Viele von ihnen wandten sich unter anderem gegen den Zeitgeist, gegen Bürokratismus und Militarismus.[2]

Russell verstarb 1978 in seiner Heimatstadt Liverpool, bevor ihm 7 Jahre später, 1985 postum für seinen Roman „The great explosion“ von 1962 der Prometheus Hall of Fame Award verliehen werden sollte. „The great explosion“ erschien als deutsche Ausgabe zuerst unter dem Titel „Die große Explosion“, später als „Planet des Ungehorsams“.[3]

Die Erzählung spielt in entfernter Zukunft. Die Menschheit ist technologisch so hoch entwickelt, dass sie vor ca. 400 Jahren begann, fremde Planeten zu besiedeln. „Zu jener Zeit als das geschah (…) hatte sich jede Familie, jeder Verein und jede Clique, die glaubte, woanders besser zurechtzukommen, zur Auswanderung in das Weltall entschlossen. Die Ruhelosen, die Ehrgeizigen, die Unzufriedenen, die Exzentriker, die Oppositionellen, die Neurotiker und die schlichten Gemüter, die ihre Neugierde nicht bezähmen konnten – sie alle hatten sich (…) in die Lüfte erhoben und waren davongeflogen…“[4] Unkontrolliert breiteten sich Kolonien aus, in denen Vertreter verschiedenster Sekten, politischer Ideen und Fetische, sich ihre jeweilige „Traumwelt“ aufbauten. Nun beginnen jedoch irdische Militärs, diese wieder unter Kontrolle zu bringen, was ihnen bisher bei allen gelang. Nur bei den „Gands“, die in einer libertär-pazifistischen Ordnung, oder eben Nicht-Ordnung, je nachdem wie man`s betrachtet, leben – zeigt sich bereits der erste Bauer, auf den die Erdbewohner treffen, widerständig.

„Sie stellen sich gegen uns, weil sie nicht gestört werden wollen.“ (Botschafter Sheltons) autoritärer Blick wanderte um den Tisch. Er schien jedem zu einem Widerspruch herauszufordern, daß seine Begründung nicht besser als jede andere sei. Doch sie waren auf der Hut. Sie gingen ihm nicht in die Falle. Deshalb fuhr er fort: „Sobald wir diesen Planeten in den Griff bekommen, erwartet uns eine mühsame und schwierige Aufgabe. Wir müssen ihr gesamtes Erziehungs- und Bildungswesen umkrempeln, die antiirdischen Vorurteile ausrotten, sie über die harten Tatsachen des Lebens aufklären. So etwas haben wir auch schon auf anderen Planeten bewältigt, doch hier ist diese Aufgabe besonders groß.“ – „Wir schaffen das schon“, murmelte jemand am Tisch.“[5]

Ein durchaus spannender und kurzweiliger Roman, bei dem man sich häufig fragt, welche der beiden „Fraktionen“ klüger oder dümmer ist, ob die Widerstandsform der Gands realistisch wäre und wie viele verschiedene Möglichkeiten libertärer Systeme erdenkbar wären – und dementsprechend auch, wie sinnvoll es ist, „die Libertären“ und ihre Ideen über einen Kamm zu scheren.


[1] Sam Moskowitz: Seekers of Tomorrow. 1974, S. 135 ff.

[2] Vgl. Klappentext E.F. Russell: „Planet des Ungehorsams“, 1998 Klaus Guhl-Verlag

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Eric_Frank_Russell#cite_note-seekers135-1, Stand 26.12.2020

[4] E.F. Russell: „Planet des Ungehorsams“, S. 9

[5] Ebd. S. 64