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Die zugespitzte Betrachtung einer Konfliktlage von Martin Sass

Der Deutsche ist getrieben von dem Drang, sich zu positionieren. Grautöne kennt er nicht, er benötigt Klarheit. Null oder Eins, gut oder böse, links oder rechts, pro oder contra Coronamaßnahmen, für oder gegen den menschengemachten Klimawandel, Globalisierungsgegner oder ihr Befürworter, Ehe für alle oder für keinen, Ablehnung der Masseneinwanderung oder „Lasst sie alle rein“, für Russland oder für die Ukraine – ein irgendwie dazwischen findet keine Akzeptanz.
Der Krieg in der Ukraine klopft aller Kilometervergleiche zwischen Kiew und Berlin mit Flensburg bis Oberammergau zum Trotz nicht an unsere Haustür. Offenbar fehlt dem Deutschen die Einsicht, weder über eine Wahlberechtigung für die Person des russischen noch des ukrainischen oder gar des amerikanischen Präsidenten zu verfügen. Spitz betrachtet gilt das gleichsam für die in Schloss Bellevue residierende deutsche Version, aber jener besitzt immerhin die Stirn, sein Volk oder Teile davon öffentlich zu brüskieren und zu beschimpfen. Merkwürdigerweise führt dies kaum zu Gegenwehr. Vielmehr gewinnt man den Eindruck, dass für den deutschen Hobbypolitikwissenschaftler mit der Entfernung zum Konflikt sein Engagement dafür wächst. Das ist insoweit altbekannt, als dass er bereits seit Jahren die Neigung verspürt, Verantwortung für Dinge zu übernehmen, die sich außerhalb seiner Einflusssphäre abspielen oder abgespielt haben: Kolonialismus, Holocaust, Welthunger und Erderwärmung fallen in seine alles umfassende alleinige Klärungskompetenz. Alldieweil ist er nicht einmal die Autobahnen im eigenen Land instandzuhalten imstande, die ihm unter den Reifen kilometerweise wegzubröckeln drohen. Der Deutsche möchte Weltpolizei spielen, findet aber kein vollständig aufgeladenes Elektromobil, das ihn zum Schauplatz des Geschehens befördern könnte.
Muss ich in einem Krieg Partei ergreifen, der sich außerhalb meines Landes abspielt? Was ist mit dem seit spätestens 2015 hier schwelenden „kalten Bürgerkrieg“? Was ist mit dem seit zwei Jahren andauernden Freiheitsentzug, gepaart mit einem verstörend zügigen Abbau von Bürgerrechten? Mit einer zutiefst gespaltenen Gesellschaft, in der Freundschaften zerbrochen und Familienbande zerstört wurden, nur um des Rechthabens willen?
Ich für meinen Teil beobachte die weiteren Entwicklungen in der Ukraine. Ich zähle mich weder zu den Putinverstehern noch zu den Befürwortern der ukrainischen Separatistenbewegung. Für mich sind zwei Dinge entscheidend, um die Vorgänge richtig einordnen zu können:
1. Inwieweit wirken die Kriegshandlungen in der Ukraine als Verstärker und Beschleuniger des Great Reset?
2. Wie viele dunkelhäutige Ukrainer strömen in den nächsten Wochen nach Deutschland?
Ich wäre glücklich, würden meine Vorurteile zur Abwechslung keine Bestätigung erfahren.