Teil 1 – soziales menschliches Handeln und soziale Marktwirtschaft

Das Schlagwort “sozial” begegnet einem heutzutage an jeder Ecke, jeder hat intuitiv eine Vorstellung davon, was sozial ist und was alles sozial sein sollte. Der Begriff ist durch und durch positiv besetzt. Dadurch ergibt sich jedoch die Möglichkeit für die Politik und deren intellektuelle Vordenker, den Begriff für ihre Zwecke zu missbrauchen und an abstrakte Gefühle zu appellieren. 

Soziales Verhalten ist ein auf Verantwortung und Solidarität basierendes Prinzip, eine Begegnung von Menschen auf Augenhöhe, basierend auf gegenseitigem Respekt. Geselliges und kameradschaftliches Verhalten und die Kompatibilität verschiedener Menschen sind Grundvoraussetzung für ein funktionierendes Zusammenleben in einer Gruppe und das Bestehen einer Gesellschaft. Damit eine Gesellschaft sozial sein kann, ist also eine Beziehung der einzelnen Individuen zueinander wichtig – sie kann daher nicht aus völlig anonymen Mitgliedern bestehen – weder interessenbedingt, noch persönlich. Die Beziehungen einzelner Menschen und deren Interessen und Wünsche sind so vielfältig wie die Gesamtzahl der Mitglieder einer Gesellschaft.

Um die zwangsläufig anonyme Masse eines Landes mit 83 Mio. Menschen in einen Sozialstaat zu zwingen, muss die Politik Einzelinteressen und die notwendige Freiwilligkeit ignorieren und ein kollektivistisches großes “Wir” propagieren. Hier wird das soziale Element des gemeinsamen Zusammenlebens durch eine übergeordnete allwissende, regulierende, sozialistische Politik ersetzt. Auf der Ebene nationalstaatlicher Politik muss “sozial” dementsprechend auf eine andere Weise betrachtet werden.

In der politischen Verwendung beschreibt Friedrich A. von Hayek den Begriff “sozial” als Wieselwort. D.h., wenn das Wort einem anderen Wort zugeordnet wird, dann entfernt es den ursprünglichen Sinn des zweiten Wortes soweit, bis nur noch die Hülle übrig bleibt- so wie ein Wiesel das Innere eines Eis aussaugt, bis nur noch die Schale übrig bleibt. Klar ist, dass soziale Verantwortung keine Verantwortung, soziale Freiheit keine Freiheit und soziale Gleichheit keine Gleichheit mehr ist. Besonders deutlich wird das Wieselwort, wenn es in der Verbindung mit Marktwirtschaft verwendet wird, denn: Soziale Marktwirtschaft ist keine Marktwirtschaft!

Jeder hat eine grobe Vorstellung davon, was eine soziale Marktwirtschaft sein könnte. Jedoch ist der Begriff “Soziale Marktwirtschaft” tatsächlich nicht eindeutig definiert, was politischen Klassen einen sehr weiten Einflussbereich eröffnet. Von dieser Möglichkeit wird gerne ausgiebig Gebrauch gemacht, sodass von der ursprünglichen ordoliberalen Vorstellung der sozialen Marktwirtschaft, so wie sie Ludwig Erhard geprägt hatte, nur noch Fragmente vorhanden sind. Im Laufe der Jahre hat sich der Staatseinfluss immer weiter ausgedehnt, wodurch man schon lange nicht mehr von einer Marktwirtschaft sprechen kann, geschweige denn von einer freien. Durch eine Unzahl von Vorschriften, Reglementierungen und Subventionierungen greift der Staat in schier alle Bereiche des menschlichen Lebens ein. 

In einer Marktwirtschaft würde es zu einem Geschäft kommen, wenn sich Menschen nach einem freiwilligen Tausch jeweils bessergestellt sähen und das beidseitige individuelle Bedürfnis befriedigt wäre. D.h., dass in einem freien marktwirtschaftlichen System der Konsument im Mittelpunkt steht, und dass er jederzeit die Wahl hat, für welches Produkt er sich entscheidet und unter welchen Bedingungen er ein Tauschgeschäft eingeht. Demgegenüber stehen Anbieter, die nur wirtschaftlich sein können, wenn sie sich den Anforderungen der Konsumenten anpassen und einen möglichst großen Mehrwert für die Gesellschaft bieten. Je mehr Bedürfnisse befriedigt werden und je größer der geschaffene Mehrwert für die Menschen ist, desto wohlhabender werden die Anbieter und desto mehr wird gleichzeitig der Lebensstandard der gesamten Gesellschaft angehoben. Ein Unternehmen, das nicht mehr rentabel ist, weil es eventuell zu groß, zu unbeweglich, zu bürokratisch oder nicht mehr innovativ genug ist – und deshalb keine Bedürfnisse mehr befriedigt – scheidet aus dem Markt aus und kann ohne Eintrittsbarrieren durch neue Unternehmen ersetzt werden.
Sämtliche Prinzipien der Marktwirtschaft werden aus machtpolitischen und vermeintlich sozialen Gründen durch die Intervention der Politik und des Staates gestört, was in der Vergangenheit bereits zu einer Menge Probleme geführt hat und auch in Zukunft zu immer größeren Problemen führen wird. Wo die Politik vermeintlich ein Problem löst, ruft sie gleichzeitig zwei neue hervor. Dazu später mehr.

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Menschen sind sozial, soziale Politik ist sozialistisch – Teil 2